1975 in Eisenstadt geboren, erfuhr in den 1990er Jahren seine musikalische Sozialisierung in eben dieser konservativen Kleinstadt mit einer zumindest damals pulsierenden Jugendkultur und der Cselley Mühle als ihrem kulturellen Zentrum. Bereits mit 18 Jahren war ihm klar, dass Musik nicht nur Hobby sein muss. Mit seinen ersten Bands Brackish Gargle, Soar und Charmant Rouge legte Thomas Pronai den Grundstein seiner bis dato anhaltenden Laufbahn als Musiker und Tontechniker.
Nicht nur als Livetechniker (Garish, Ja, Panik, Ernst Molden, Der Nino Aus Wien, ...), auch als Musiker an verschiedenen Instrumenten (mit Tanz Baby!, Worried Man & Worried Boy, Pete Astor, ...) und vor allem auch mit seinen eigenen Bands (The Beautiful Kantine Band, Bo Candy & His Broken Hearts und aktuell The New Mourning) ist Thomas Pronai auf den Bühnen Österreichs und darüber hinaus zu Gast.
Daheim im Burgenland wird er selbst zum Gastgeber und empfängt MusikerInnen (z.B. Ernst Molden, Willi Resetarits, Marlene Lacherstorfer, Der Nino Aus Wien, Anna Mabo, ...) in seinem Tonstudio, dem eigentlichen Herzstück seines künstlerischen Schaffens.
Thomas Pronai versteht die Studioarbeit als Handwerk. Es ist also nur logisch, dass er seit mittlerweile 8 Jahren ohne digitale Schnittstellen, nur mit Bandmaschinen und analogem Equipment arbeitet, Knöpfe dreht, Fader schiebt und die Bänder mit der Rasierklinge schneidet.
Liedermacher, Dichter und Autor, ist 1968 in Wien geboren und schreibt seit mehr als 30 Jahren Texte über in Österreich leidenschaftlich verdrängte Themen.
Als Liedermacher veröffentlicht er mit »Alles brennt« sein fünftes Album, zuvor »Mei Herz brennt«, »Freude«, »Knistern« sowie »Stille führt« – mit denen er solo und mit Band durch den deutschsprachigen Raum tourte.
2003 erschien sein Buch »Ich lebe sterbe«, 2012 »Alles in die größte Kraft« mit komprimierten Erkenntnissen, 2020 sein erster Lyrikband »Texte die was keine Lieder geworden sind« (Goldegg Verlag).
Er lebt und arbeitet in Wien und Breitenbrunn am Neusiedlersee.
Lieber Charlie,
eine Musikkassette mit fünf Aufnahmen – vier davon
meine eigenen Kompositionen, eine von Tom Waits
– mit eigenem Text. Im Oktober 2019 besuchte ich
Thomas Pronai. Ein erstes musikalisches Kennenlernen. Meine Gitarre nahm ich mit in die Cselley-Mühle
nach Oslip. Es war eine stille, angenehme Stimmung
– Tom hatte eines von diesen so besonderen »alten
Mikrofonen« auf Stativ in den Container gestellt,
einen Meter vor das kleine Sofa. Angeschlossen an
einen ebenso alten Kassettenrekorder.
Ich erinnerte mich an meine Kindheit im siebten
Stockwerk des Gemeindebaues in Wien Favoriten,
hoch aufmerksam auf der Lauer nach einem »guten
Lied« im Radio – Zeige- und Mittelfinger gekonnt
gespreizt – um blitzschnell den Aufnahmemechanismus der Philips-Kompaktanlage zu drücken.
»Spiel mir vor«, sagte er in seiner so einzigartig aufmerksam sanften Art. Eine Situation, auf welche ich
gewöhnlich nervös reagiere – diesmal war es umgekehrt: Seelenruhig spielte und sang »es mich«. Wenig
später war ich wieder bei mir daheim im benachbarten Breitenbrunn. »Ich werde da in Ruhe rein hören
und meld mich dann, wenn mir etwas dazu einfällt.«
Die Wochen vergingen, ein weiteres Mal trafen wir
uns mit Familien zum Abendessen in der Müh, ein
weiteres – bisher letztes – Mal am Nachmittag vor
Ninos »Müh Ockermond Nacht«, um über mögliche
Bandmusiker und Auftritt von Toms neuer Band »the
new mourning« zu reden. Beide in großer Vorfreude
auf einen Sommer voller Konzerte, Festivals und neuer Projekte.
Dann war er da, über Nacht. Der Ausnahmezustand.
Corona trennte uns, isolierte uns, Breitenbrunn war
plötzlich von Oslip unerreichbar weit entfernt, getrennt. Was ist da? Fragte ich mich. Was liegt in der
Lade, was wartet, wofür ist gerade jetzt die Zeit reif,
gerade weil die Krise uns daheim festsetzt? Tom hatte seither noch immer nicht reingehört. Darum bat
ich ihn – eindringlich – Ende April am Telefon. Die
Idee war: Mit dem was da ist arbeiten, ausgehend
von diesem Augenblick im Container, damals, im
Oktober. Und ergänzen, falls etwas fehlt. Ohne uns
physisch zu treffen. Vier Wochen später gibt es drei
Lieder, die vierte Eigenkomposition ist im Werden.
Tom Waits muss es weiterhin ohne uns aushalten ...
Der Krieg ist vorbei, Sowieso und Zauberlehrling ...
Tom und ich wollen dir das bisherige Werk zeigen und dich um Feedback bitten ...
Herzlich!
Wer liebt dich,
wer kotzt nicht
beim Anblick
von deinem Arschgesicht?
Du hasst dich,
du bist dicht,
du kennst nicht
das Gefühl, wenn du geliebt bist.
Dunkelheit ist:
verdecktes Licht.
Du siehst nicht,
verirrst dich im Dickicht.
Baust auf Geld
in einer Welt,
die ohne Liebe zerfällt.
Du bist vom Mangel gewählt.
Die Geister die du rufst,
die werden wir nicht mehr los.
Sie nisten sich ein,
sie fressen sich rein.
Die Geister die du rufst,
die werden riesengroß.
Sie fressen Seelen auf,
sie nehmen Krieg in Kauf.
Wer Wind sät,
dem der Sturm bläst.
Die Angst die bläht,
Hass der nie vergeht.
Was zeigst du?
Wer bist du?
Wem hörst du zu?
Wohin führst du?
Die Geister die du rufst,
die werden wir nicht mehr los.
Sie nisten sich ein,
sie fressen sich rein.
Die Geister die du rufst,
die werden riesengroß.
Sie fressen Seelen auf,
sie nehmen Krieg in Kauf.
Du alter Mann,
der nicht mehr kann.
Wann
bist du dran?
Brauchen wir wirklich Krieg,
um uns wieder zu spüren?
Zerbombte Städte,
müssen wir schon wieder einen Führer küren?
Brauchen wir wirklich Krieg,
um zusammen zu stehen?
Schon wieder einen Feind,
um uns selber zu sehen?
Brauchen wir wirklich Krieg,
um den Wert zu schätzen?
Den totalen Verlust,
müssen wir schon wieder hetzen?
Brauchen wir wirklich Krieg,
um die Wirtschaft zu retten?
Keine Angst vor dem Tod
um uns nicht an’s Leben zu ketten?
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Brauchen wir wirklich Krieg,
um die Probleme zu schaffen?
Wer außer uns bringt sich um,
wir sind die dümmeren Affen.
Brauchen wir wirklich Krieg,
um die Liebe zu finden?
Sehen wir nur dann etwas,
wenn wir vorher erblinden?
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Brauchen wir wirklich Krieg,
weil wir den Frieden nicht können?
Müssen wir Unglück stiften,
aus lauter Angst im Glück zu verbrennen?
Bin ich vielleicht selber der Krieg,
tief drinnen in mir?
Zersetzt mich, zerfetzt mich von innen
schon lange die giftige Gier?
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Mein Krieg ist vorbei, mein Krieg ist vorbei.
Die Stadt ist heute voller Babies,
jede Frau ein kugelrunder Bauch.
Die Stadt ist heute voller Kinderwagen,
egal wohin ich davonlauf.
Die Stadt ist heute voller Mütter,
jede Frau eine Schwangerschaft.
Die Stadt ist heute voller Geburten,
jeder Einzelne hat’s irgendwie geschafft.
Ich bin heute ohne Worte,
heute hilft mir nicht einmal mein Schmäh.
Heute bin ich einmal nicht der Harte,
an so einem Tag ist gar nichts schön.
Die Stadt ist heute voller Leben,
jeder Blick eine Konsequenz.
Die Stadt ist heute voller Weiblichkeit,
jeder Moment voller Essenz.
Die Stadt ist heute voller Schatten,
voll mit denen, wo ein Nein.
Die Stadt ist heute voller Angst,
Angst vor dem Elternsein.
Ich bin heute ohne Worte,
heute hilft mir nicht einmal mein Schmäh.
Heute bin ich einmal nicht der Harte,
an so einem Tag ist gar nichts schön.
Ich bin heute voller Zweifel,
Entscheidungen, die mich zerkriegen.
Ich bin heute voller Tränen,
zwischen Ego und dem Leben dienen.
Ich bin heute voller Klang,
Gottesdonner, Engelgesang.
Die Stadt ist heute voller Mord,
so schnell ist die Moral fort.
Ich bin heute ohne Worte,
heute hilft mir nicht einmal mein Schmäh.
Heute bin ich einmal nicht der Harte,
an so einem Tag ist gar nichts schön.
Ganz und genau
war jede Reise eine Suche nach dir,
habe ich das Gefühl gekannt,
gewusst, dass es dich gibt,
dass ich mich auf meinem Weg verlier.
Irgend und wie
warst du immer irgendwo,
war mir das immer klar,
hab ich gewusst, dass auch du mich suchst,
gehofft, du bist bald da.
Bis hierher
war jeder Tag mehr
einer weniger.
Jedes und mal
war mir klar: »das bist nicht du«,
war es meine Flucht vor dem Glück,
hab ich Blumen gesucht, wo nichts blüht,
war das Gefühl: »Ich lass dich zurück«.
Irgend und wo
hast du dich auch verloren,
dich so wie ich im Wald versteckt,
sieben Jahre hinter mir
haben Krisen unser Glück verdeckt.
Bis hierher
war jeder Tag mehr
einer weniger.
Irgend und wann
warst du da wie aus dem Nichts,
dem Tunnel sein Licht,
frühestmöglich – letzte Chance,
verwundet aber die Liebe im Gesicht.
Endlich und jetzt
nimmer gesucht und gefunden worden,
dem Leben die Sekunden rauben,
jeden Augenblick inhalieren,
doch noch an’s Geliebtsein glauben.
Seither
ist jeder Tag weniger
einer mehr.
Seither
ist jeder Tag weniger
einer mehr.
Stecker draußen,
Lärm ist still,
Hamsterrad hat einen Patschen,
der Kalender macht was er will.
Endlich Zeit für den Garten,
auf meinen harten Fall warten,
weniger vom Schnellen,
die Uhren verstellen.
Füße ohne Boden,
Schuhe voll mit Blei,
Kopf ohne Bilder,
irgend etwas ist vorbei.
Worte ohne Richtung,
denken im Kreis,
blind beim Begreifen,
mich auf nichts mehr versteifen.
Weisheit wirkt wirklich,
Dummheit unverdeckt,
Versprechen wertlos,
wahre Werte riesengroß.
Mich wieder spüren,
Gespräche führen,
aus dem Takt gefallen
mein Rhythmus über allem.
Beenden was vorbei ist.
Beginnen was gereift.
Bewahren nur was gut tut:
Freiheit, Freundschaft, Mut!
Jetzt sitze ich da,
nach so vielen Wochen,
die Krise sitzt in mir.
Ruf jeden Tag
einen guten Freund an:
Sag’s ehrlich,
wie geht’s dir?!
Ich wünsch dir zu begreifen,
warum du am Leben bist.
Warum du immer wieder von unten Schwung holen wirst,
wie sehr mir du wichtig bist.
Sollst lieben und sollst lachen,
weinen und deinen Atem spüren.
Verstehen, warum es die Wärme und die Kälte gibt,
warum sie versuchen werden dich zu verführen.
Ich wünsch dir die höchsten aller Höhen,
die Tiefen so tief wie du sie brauchst.
Um immer wieder zu erfahren,
dass du an dich glaubst.
Sollst lernen zu vergessen,
was gestern wichtig war.
Frag Löcher in ihre Bäuche,
sei dir nie zu früh zu klar.
Ich hoffe, dass du immer glaubst an deinen Zauber,
an die Kraft in dir mittendrin.
Dass du es dir glaubst, wenn’s in dir hochkommt,
vertraust auf deinen tieferen Sinn.
Ich wünsche dir, dass du dir immer treu bist,
lernst, jedem Menschen zu vergeben.
Kämpfst für alles, das es dir wert ist,
schreib bitte Bücher über’s Leben.
Versuch zu verstehen,
was die Liebe mit uns macht.
Sei offen und vergnüg dich,
es ist dein Herz, das aus dir lacht.
Wohin geht die Angst, wenn wir sie verdrängen?
Was passiert mit der Wut, wenn wir sie nicht benennen?
Wie wirkt ein Verbrechen, das wir nicht heilen?
Wo sind die Menschen, die nicht mehr unter uns verweilen?
Was passiert mit einem Schuss, der in der Stille verhallt?
Wohin geht der Schmerz nach so viel Gewalt?
Was passiert mit der Liebe, wenn wir die Gefühle verdrängen?
Was passiert mit dem Seil nach dem Erhängen?
Schaut’s hin, schaut’s hin, schaut’s hin.
Es vergisst uns nie.
Wohin fließen die Tränen nach so viel Leid?
Wer stiftet Frieden, wenn es keiner bereut?
Wie können wir wissen, wie sich das Sterben anfühlt?
Was führt uns heute, wenn uns nichts mehr berührt?
Wie sollen wir verstehen, wenn wir nicht dazu stehen?
Wie kann ohne Einsicht soviel Verletzung vergehen?
Was wissen wir Enkel von eurer Generation?
Wieso finde ich, wo ich grabe, Munition?
Schaut’s hin, schaut’s hin, schaut’s hin.
Es vergisst uns nie.
Schaut’s hin, schaut’s hin, schaut’s hin.
Es vergisst uns nie.
Alles brennt
die Menschen fliehen
Alles brennt
Es brennt.
Erde brennt
Europa brennt
Werte brennen
Alles brennt, es brennt.
Augen brennen
Haare brennen
Leben brennen
Alles brennt, es brennt.
Länder brennen
Städte brennen
Häuser brennen
Alles brennt, es brennt, es brennt.
Schulen brennen
Bücher brennen
Träume brennen
Alles brennt, es brennt.
Völker brennen
Freunde brennen
Familien brennen
Alles brennt, es brennt.
Lager brennen
Zelte brennen
Dokumente brennen
Alles brennt, es brennt.
Glaube brennt
Liebe brennt
Hoffnung brennt
Alles brennt, es brennt, es brennt!
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du Balkanrouten schließt.
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du Präsidenten triffst.
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du einen jungen Vater siehst.
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du lachst und dabei lügst.
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du allein nach Hause gehst.
Ich will wissen, ob dein Herz brennt,
wenn du nackt vor dem Spiegel stehst.